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El movimiento indigena ecuatoriano

In Tena fällt nicht nur der große Anteil der indigenen Bevölkerung auf, sondern auch die Präsenz ihrer Kultur. Auf einem zentralen Platz der Stadt findet sich ein (etwas geschmackloses) Denkmal, das an die Lebensweise der Ureinwohner erinnern soll, viele Kichwas*) tragen ihre traditionellen Tracht nicht nur bei Veranstaltungen sondern auch im Alltag, eine Buslinie ist nach Jumandi, einem Heerführer der regionalen indigenen Gruppen benannt, der den Spaniern eine große Niederlage bereitete, sogar auf den städtischen Kanaldeckeln findet sich das Profil eines Ureinwohners.

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In Tena fällt nicht so stark auf, dass die indigene Bevölkerung in der sozialen Hierarchie des Landes ganz unten angesiedelt ist. Möglicherweise ist Tena wie auch Otavalo, in dem sich ein bekannter Markt für indigenes Kunsthandwerk befindet, Insel einer neu erstarkten indigenen Identität.
Überhaupt, die Kultur der Indigenen ist in Ecuador so präsent wie in keinem anderen Land Südamerikas. Ihre eigenständige kulturelle Identität nimmt auch auf die Politik starken Einfluß. Nachdem mich interessiert hat wie es dazu kam, habe ich etwas recherchiert:
Es waren die Gewerkschaften und die befreiungstheologisch inspirierten Missionen, die die Organisierung der indigenen Bevölkerung unterstützten. Anlaß dafür waren die miserablen Arbeitsverhältnisse der Landbevölkerung in der Sierra und an der Küste und die Verdrängung der indigenen Gemeinden durch Konzerne, die die Bodenschätze des Amazonastieflandes auszubeuten begannen. Nachdem die Erdölindustrie auch noch Flüsse und weite Gebiete des Regenwalds im Amazonasgebiet verseuchten und damit vielfach die Existenzgrundlage der ansässigen Bevölkerung vernichtete, wurde der Protest stärker und die indigenen Gruppen organisierten sich zunehmend landesweit. Mit Hilfe des überregionalen Verbands CONAIE wurden territoriale Ansprüche erhoben und die Forderung nach Multikulturalität gestellt. 1990 wurden von der indigenen Bewegung landesweite Protestmaßnahmen durchgeführt, indem Straßen blockiert, Städte besetzt und öffentliche Protestkundgebungen abgehalten wurden. Gefordert wurden die Anerkennung von Landrechten, die Aufstellung von Bildungsprogrammen sowie ökonomische und kulturelle Rechte. Ihren Höhepunkt fand die Bewegung in einem Sternmarsch auf Quito unter dem Motto „500 anos de resistencia indigena“. 1996 kam es zur Gründung einer politischen Partei namens Pachakutik, die zusammen mit CONAIE gegen den neoliberalen Kurs der Regierung, die krassierende Korruption und die zunehmenden Privatisierungen auftrat. Die Organisationen der Indigenen agierten nun inner- und außerparlamentarisch und waren nicht unbeteiligt am Sturz dreier Regierungen zwischen 1997 und 2006. Erste größere Erfolge stellten sich 1998 ein, als in der neuen Verfassung die Multikulturalität Ecuadors festgehalten wurde und den indigenen Gemeinden Territorien zugesprochen wurden.
Im Jahr 2006 wurde Rafael Correa das erste Mal zum Präsidenten gewählt. Er nahm viele inhaltliche Forderungen der indigenen Bewegung in sein Programm auf. Wie stark ihr politischer Einfluss wurde zeigte sich 2008 in der neuen Verfassung, in der nicht nur die Multikulturalität Ecuadors, sondern auch die Bedeutung des indigenen kulturellen Erbes festgeschrieben wurden. Außerdem wird ausdrücklich Bezug genommen auf die in der indigenen Kultur verwurzelten Konzepte des Sumak Kawsay (el Buen Vivir – das Gute Leben) und des Pacha Mama (Mutter Erde) als Leitbilder für das Zusammenleben und eine nachhaltige Entwicklung. Letztlich wurde auch die indigene Gerichtsbarkeit in den indigenen Gebieten anerkannt.

*) „Kichwa oder Quichua heißt ein regional ansässiges Volk der Indigenen in Ecuador

Literatur: Christopher Paul u.a.: Grenzenlos-Landesprofil Ecuador (www.grenzenlos.or.at)

Jörn Tietgen: Indigene Bewegung und ‚Identitätspolitik’ in Ecuador. (Magisterarbeit) Göttingen 2008